Email einer Mutter an die Bildungsstadträtin

Das nachfolgende Email schrieb die Mutter eines Schülers der Lernwerkstatt am 25.04.2025 an die Bildungsstadträtin Bettina Emmerling:

Sehr geehrte Frau Emmerling, sehr geehrtes NEOS-Team,

als Mutter zweier Kinder, Bürgerin dieser Stadt und bisher überzeugte NEOS-Wählerin schreibe ich Ihnen mit einer Mischung aus Enttäuschung, Wut und Fassungslosigkeit.

Was im Falle der Lernwerkstatt Wien West passiert – und wie Ihre Partei damit umgeht – ist nicht nur ein bildungspolitisches Armutszeugnis. Es ist ein Verrat an all dem, was gerade Sie im Bildungsbereich immer eingefordert haben: Transparenz, Schulautonomie, Mitsprache, Inklusion, Reformmut. All das fehlt. Komplett.

Was hier als „Verlegung“ verkauft wird, ist in Wahrheit der schrittweise und systematische Abbau eines bewährten inklusiven Schulmodells, das nachweislich funktioniert. Stattdessen wird eine Lösung durchgedrückt, die nicht einmal als Notfalllösung durchgeht. Denn eine Lösung würde etwas voraussetzen, das hier in keiner Phase erkennbar ist: Planung, Strategie oder ein echtes pädagogisches Konzept.

Der neue Standort in der Panikengasse 31 wurde nicht geprüft, weder im Hinblick auf bauliche, noch auf pädagogische oder personelle Voraussetzungen. Es gibt bis heute keinerlei Zusicherungen, dass dort die notwendigen räumlichen oder sonder- und sprachheilpädagogischen Ressourcen tatsächlich vorhanden oder geplant sind. Die Schule, die dort aktuell untergebracht ist, bezeichnet das Gebäude selbst als „Haus von gestern“ – nachzulesen auf www.kindermanngasse.at. Und dennoch wollen Sie dort – laut eigener Aussage – 17 Klassen unterbringen, gleichzeitig die Sprachheilpädagogik erhalten und sogar ausbauen, Mehrstufenklassen weiterführen und auch noch dem wachsenden Schulplatzbedarf im 16. Bezirk gerecht werden. Obendrauf soll der Standort zu einer Ganztagesschule ausgebaut werden.

Ich darf Sie offen fragen: Kennen Sie dieses Gebäude überhaupt? Haben Sie sich je ein Bild davon gemacht, wie all das dort untergebracht werden soll? Selbst ohne tiefere Expertise erkennt man auf den ersten Blick, dass dieser Plan unrealistisch und überambitioniert ist (oder sehr teuer wird, was angesichts der budgetären Situation völlig ausgeschlossen ist) – Es gibt dort (noch) keine ausreichenden Turn- oder Bewegungsräume und kaum Freiflächen für eine derart große Anzahl an Kindern– und das bei erhöhtem sonderpädagogischem Förderbedarf.

Das Gespräch mit Ihnen und der Bildungsdirektion war – und ich formuliere das bewusst deutlich – ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich für Bildung und Inklusion einsetzen. Was wir erlebt haben, war kein Diskurs, sondern ein Durchregieren. Auf unsere wiederholte Nachfrage, welche Optionen geprüft wurden, erhielten wir keine konkrete Antwort – nicht einmal eine Übersicht, welche Kriterien überhaupt herangezogen wurden.
Machbarkeitsstudie? Wurde zunächst medial angekündigt, dann im persönlichen Gespräch von Frau Fuchs selbst relativiert: Es gibt keine. Kein belastbares Konzept, keine pädagogische Bedarfsanalyse, keine räumliche Evaluierung.
Transparenz? Nicht vorgesehen. Wir wurden mehrfach darauf hingewiesen, dass wir als Eltern verstehen müssten, dass man uns gewisse Informationen nicht geben könne. Mitsprache? De facto ausgeschlossen. Weder Eltern noch Schulleitung oder Pädagog:innen wurden in die Entscheidungsfindung eingebunden.

Das alles unter dem ständigen Hinweis, man möge „bitte einfach vertrauen“. Fordern Sie das in Ihrer sonstigen politischen Arbeit auch? Ich hoffe nicht.
Denn: Vertrauen ersetzt keine Verantwortung. Vertrauen muss man sich erarbeiten – durch Haltung und vor allem durch Transparenz (und das ist doch vor allem ein NEOS-Schlagwort)

Es ist erschreckend zu sehen, wie sehr Sie als NEOS sich diesem Systemdenken ergeben haben – einem Denken, das auf Verwaltungserhalt, Verantwortungsschieberei und „alternativlose“ Sachzwanglogik basiert. Sie unterwerfen sich einer Bildungsdirektion, die keine (wie von Ihnen geforderte) Serviceeinrichtung ist, sondern ein in sich geschlossenes System, das sich selbst schützt – und dafür echte Innovation und Mitgestaltung verhindert.

Dass ausgerechnet Sie, die sich Bildung so groß auf die Fahnen heften, hier jeden Reformwillen ablegen, sagt leider mehr über Ihre politische Praxis aus als jedes Wahlplakat. Und ja – es ist Wahlkampf. Und während Sie um das Vertrauen von Eltern werben, lassen Sie genau diese Eltern allein – mit Worthülsen, Vertröstungen und dem Appell, man möge „doch bitte einfach vertrauen“.

Ich bin enttäuscht, wie wenig Mut zum Gestalten, wie wenig Verantwortung für Kinder und wie viel Bequemlichkeit sich hier zeigt. Ich werde bei dieser Wahl keine Partei unterstützen, die genau das macht, was sie bei anderen so gerne kritisiert: Stillhalten, wenn es ungemütlich wird. Und Verantwortung delegieren, wenn es eigentlich Mut bräuchte.

Mit freundlichen Grüßen,
Stefanie Bramböck

Inklusion braucht Planung, Mitsprache, Haltung.

Nicht Ausreden. Nicht Auslagerung. Nicht Absonderung.